Gedanken zum 4. Advent
Die Geschichte um Jesu Zeugung ist wohl neben der Auferstehung eines der größte Rätsel der Religionsgeschichte. Ob Maria nun eine biologische Jungfrau war oder nicht, können wir heute – 2000 Jahre später – nicht mehr abschließend klären. Aus meiner Sicht ist das auch nicht nötig, vielmehr ist es wichtig die Geschichte und die darin verborgene Botschaft zu betrachten und für sich zu deuten.
Eine junge Frau – die mit einem Mann verlobt war – bekommt durch den Engel Gabriel die frohe Kunde überbracht, dass sie schwanger werden wird.
Nun gut, zunächst nichts besonderes, eine Eheschließung war dazu gedacht Nachwuchs zu zeugen um die Familie und den Fortbestand der Sippe zu sichern.
Im Gegensatz zur heutigen Zeit, war das Überlebensnotwendig.
Die genauen Worte des Engels sollen deutlich machen, um was für ein Kind es sich handeln wird, das Maria zur Welt bringen soll.
Der Engel bezieht sich auf die Verheißungen der alten Schriften, welche den Messias ankündigen: „Du wirst schwanger werden und eine Sohn gebären und du sollst ihm den Namen Jesus geben.“ Die Bestimmung des Namens vor der Geburt durch Gott selbst ist hier die erste Spur, dass dieser Mensch einen besonderen Stellenwert in Gottes Plan einnehmen wird.
Tradition und Brauch besagen, dass nach jüdischer Sitte der Name des Kindes nach der Geburt und zwar vom Vater verkündet wird.
Durch die Worte des Engels soll klar werden, wer der Vater des Kind sein wird. Die weitere Begründung lässt keinen Zweifel daran, dass Gottes Plan für den Messias in Jesus, seinem Sohn, Gestalt annehmen wird.
Kritisch betrachtet kann man sagen: „Ok, alles schön und gut. Aber Zeichen und Worte kann man im Nachhinein immer deuten und so interpretieren, dass sie eine bestimmte Botschaft verkündet wird. Ganz gleich ob sich das alles in dieser Form zugetragen hat, oder nicht.“
Das stimmt. Allen Skeptikern und Zweiflern sei an diesem Punkt recht gegeben.
Aus meiner Sicht ist es sehr gut, dass es diese zweifelnde Menschen gibt. Sie sind nötig. Sie halten die Diskussion und die Auseinandersetzung mit einem Thema am laufen. Die Skeptiker und Zweifler helfen dabei, dass wir in den Erkenntnisprozessen nicht stehen bleiben. Das neuen Aspekte eine Chance bekommen und in Betracht gezogen zu werden. Sie übernehmen dadurch ebenfalls einen Teil der Verantwortungen, wie es die „Thesenbringer“ tun.
Zurück zu Maria. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass auch sie an der Botschaft des Engels gezweifelt hat.
Josef hat gezweifelt. Schließlich hört man nicht alle Tage, dass man den Messias zur Welt bringen und ihn aufziehen soll. Auch er sollte später noch Besuch von einem Engel bekommen.
Erst viele Jahre später hat sich bewahrheitete, was an den damaligen Tagen so unwirklich schien.
So ist das mit großen Botschaften und Vorhersagen. Sie treten meist nicht sofort ein, sondern benötigen Zeit um sich zu entwickeln und zu reifen.
Gottes Wirken in Jesus – von dessen Geburt bis hin zur Kreuzigung, seinem Tod und zur Auferstehung – hat Jahre in Anspruch genommen.
Wir kennen das auch – in den vergangenen Monaten mehr als zuvor.
Die Krise in all ihren Auswirkungen, im direkten und im indirekten Zusammenhang ist von Dauer und erst wenn Jahre vergangen sind, können wir im Nachhinein sehen was passiert und was nicht passiert ist.
Alles beginnt letztlich mit einer kleinen Initialzündung, ein Funke kaum zu sehen, entfacht ein kleines Licht. Ob und wann es größer wird, ob es der heilsamen oder zerstörerischen Kraft unterliegt, lässt sich zu beginn nicht sagen. Es braucht Zeit.
Zeit um sich zu entwickeln. Zeit um zu wachsen. Zeit um zu reifen.
Dabei nimmt die Umwelt ebenso Einfluss auf die Entwicklung und das Wachstum wie das kleine Licht selbst.
Aus meiner Sicht ist Marias und Josefs Geschichte eine wunderbare Möglichkeit das zu erkennen. Wir können anhand ihrer Geschichte das Leben ein Stück mehr verstehen.
Von der Ankündigung der Geburt Jesu bis hin zur Erfahrungen, dass ihr Sohn auferstanden ist von den Toten und damit die Prophezeiung gänzlich erfüllt hat, vergingen Jahre. Die einflussnehmenden Menschen haben ihren Teil dazu beigetragen um die Prophezeiung zu ermöglichen. Zu diesen Menschen gehörten positive Wegbegleiter wie Zacharias und seine Frau Elisabeth, die Jünger als enge Freunde und Vertraute Jesu. Auch gehörten die Herausforderer und Feinde wie die Schriftgelehrten und Pharisäer des hohen jüdischen Rates und schließlich Pontius Pilatus, dazu.
All diese Menschen haben aus meiner Sicht ihren Teil dazu beigetragen, dass die große Verheißung des Messias in Erfüllung ging.
Was kann uns diese Geschichte also sagen, welche Botschaft ist in ihr versteckt?
Ich denke, dass auch in uns immer wieder Funken entstehen, die kleine Lichter entfachen.
Grob umrissen spreche ich von Ideen, Gedanken, Gefühlen, Vorstellungen und Hoffnungsmomente.
Aus einer Idee entspinnt sich eine Vorstellung. Aus einem Gedanken entstehen Träume. Aus Gefühlen wird Vertrauen unter Menschen geboren. Aus Vorstellungen werden konkrete Taten. Aus Hoffnungsmomenten erwachsen Zuversicht und Frieden.
Die Assoziationskette lässt sich nun unendlich fortführen und doch haben sie alle etwas gemeinsam:
Diese kleinen Lichter nähren sich aus unseren Lebensumstände, aus unseren Erkenntnissen und durch die Menschen mit denen wir uns umgeben.
Es entstehen Nähe und Verbundenheit und die Lichter in uns wachsen und gedeihen, sie gewinnen an Kraft und Stärke. Und schließlich können auch andere diese Lichter sehen, wir können andere daran teilhaben lassen und erleben dadurch, dass wir wichtig sind für andere.
Weiter können wir als Christen daran glauben, dass diese Lichter in ihrer je ganz eigenen Größe und Intensität ummantelt werden von Gottes guten Mächten, seiner Gnade, seinem Frieden, seiner Liebe.
Zweifeln wir also nicht an ihm, an uns oder an unseren inneren Lichtern, sondern nutzen wir seine Kraft um jeden Tag nach vorn zusehen und zu leben und unser inneren Licht leuchten zu lassen.